Newsletter Sommer 2019

Liebe Leserin, lieber Leser!
Lange haben Sie nichts von uns gelesen. Nicht, weil es nichts Berichtenswertes gegeben hätte, sondern weil wir hinter den Kulissen sehr viel in Sachen Strahlenschutz getan haben und unterwegs waren und zusammen mit den hauptberuflichen Verpflichtungen des VMSÖ-Vorstandes und der Newsletterredaktion leider zu wenig zum Schreiben gekommen sind, somit unser eigenes „Commitment“, quartalsweise einen Newsletter herauszugeben, nicht erfüllt haben.

Jedenfalls hier die hoffentlich für Sie interessanten Nachrichten aus der österreichischen medizinischen Strahlenschutzwelt:

Empfehlung für einheitliche Dosisangaben von Röntgenuntersuchungen:

Die der Medizinischen Strahlenschutzverordnung entsprechende Verpflichtung, dass Angaben zur Patientendosis Teil des radiologischen Befundes sein müssen, wird u.a. dadurch erschwert, dass mittlerweile geradezu ein Wildwuchs an Dosiseinheiten verschiedenen Größenordnungen entstanden ist, welche mitunter nicht nur verwirrend sind, sondern auch potentiell als Fehlerquelle eingestuft werden müssen. Die betrifft insbesondere das Dosis-Flächenprodukt bei radiographischen und Durchleuchtungsuntersuchungen.

Der VMSÖ hat sich gemeinsam mit der Österreichischen Röntgengesellschaft und anderen Verbänden dieses Themas angenommen und diesbezügliche Empfehlungen verfasst, die mit dem Bundesministerium für Gesundheit und Frauen akkordiert wurden. Die in diesen Empfehlungen angegeben Dosisangaben sind Dosiswerte, die aus den allermeisten Geräten leicht auslesbar sind und die entsprechenden Einheiten sind die international üblichen Einheiten, die auch für die Angabe von Referenzdosiswerten verwendet werden. Die empfohlenen Dosisangaben halten sich im Übrigen auch weitgehend an die im ELGA-Implementierungsleitfaden angegebenen Dosisangaben. Die geforderte Angabe der Dosiswerte in österreichweit einheitlicher Form erleichtert zudem den Landes-Strahlenschutzbehörden die Überprüfung der Befunde hinsichtlich der Dosisangaben. Eine Angabe der effektiven Dosis im radiologischen Befund ist derzeit aus verschiedenen Gründen nicht gefordert.

In diesem Zusammenhang ist im vergangenen Mai ein in Zusammenarbeit mit dem VMSÖ erstellter Artikel in der Ärzte Woche Nr. 18/19 (2019) erschienen, welcher unter dem Titel „Das Wohl des Patienten im Blick“ das Thema Strahlendosiswerte einem breiteren Publikum vermittelt. Dieser Artikel ist unter https://www.springermedizin.at/radiologie/das-wohl-des-patienten-im-blick/16969904 frei zugänglich.

Neufassung der Orientierungshilfe Radiologie

Die letzte Aktualisierung der „Orientierungshife Radiologie“ – also der auch von der Strahlenschutzgesetzgebung her geforderten Zuweisungsrichtlinien – wurde im Jahr 2011 durchgeführt. Eine Aktualisierung ist deshalb dringend notwendig.

Eine Arbeitsgruppe mit VertreterInnen der Bundesfachgruppe Radiologie der österreichischen Ärztekammer, der Österreichischen Röntgengesellschft (ÖRG), des Verbandes für Bildgebende Diagnostik Österreich (VBDO), der Österreichische Gesellschaft für Nuklearmedizin und Molekulare Bildgebung (OGN) sowie des VMSÖ hat 2018 beschlossen, mit Hilfe der koordinierenden Arbeit der Gesundheit Österreich GmbH (GÖG) die bisherige Form der Orientierungshilfe umzuwandeln.

Es werden die auf den „Appropriateness Criteria“ des ACR (American College of Radiology) basierenden Empfehlungen des iGuide der ESR (European Society of Radiology) für österreichische Verhältnisse adaptiert. Es wird dabei zwei Versionen der Orientierungshilfe (Arbeitstitel neu: Austrian iGuide) geben: eine Onlineversion, welche auch als „Clinical decision support system“ bei der Eingabe elektronischer Zuweisungen dienen kann, sowie eine Druckversion, welche wie bisher als kleines, leicht einsteckbares Büchlein im Umfang der Orientierungshilfe 2011 gestaltet werden soll und dabei aus Platzgründen nur die für Zuweiserinnen/Zuweiser relevantesten Indikationen enthalten wird.

Die Arbeit an der elektronischen Vollversion ist umfangreich, besteht deren Datenbasis doch in jedem der hautsächlich organbasierten Fachbereiche aus einer jeweils hinderte bis mehrere tausend Zeilen umfassenden Excel-Tabelle. Die Fertigstellung ist mit kommendem Herbst bzw. Jahresende zu erwarten.

Einheitliche CT-Protokolle als Beitrag zum Strahlenschutz

Noch immer zeigen Untersuchungen der Bildqualität und Dosis von CT-Untersuchungen erhebliche Schwankungsbreiten für ein und dieselbe Untersuchung. Ursächlich sind neben gerätetechnischen Faktoren oft auch uneinheitliche Untersuchungsprotokolle, z.B. was die Eingrenzung der erfassten Körperabschnitte, Zahl der Serien, Art der Kontrastmittelverabreichung sowie Bildrekonstruktion. Der VMSÖ hat sich auf Initiative des VMSÖ-Vizepräsidenten Michael Gruber gemeinsam mit der ÖRG und der Bundesfachgruppe Radiologie zum Ziel gesetzt, Vorschläge für österreichweit einheitliche Untersuchungsprotokolle für die CT zu erarbeiten. Die Protokoll-Vorschläge beinhalten neben den wichtigsten Untersuchungsparametern insbesondere auch Angaben zu den Rekonstruktionen der jeweiligen Serien. Damit sollen unnötige Doppel-Untersuchungen, die oft aufgrund unpassender Untersuchungsparameter oder aufgrund von fehlenden Rekonstruktionen durchgeführt werden müssen weitgehend vermieden werden. Dadurch werden auch nicht notwendige Strahlenexpositionen und Kontrastmittelgaben vermieden. Die Ergebnisse werden auf der VMSÖ-Jahrestagung im Oktober präsentiert.

Neuerliche Aktualisierung der diagnostischen österreichischen Referenzwerte (DRW) für die CT

Die derzeit in der österreichischen Medizinischen Strahlenschutzverordnung für CT festgelegten DRW wurden 2017 im Rahmen eines Projekts der Gesundheit Österreich GmbH (GÖG) auf Basis von Daten der Steiermärkischen Krankenanstaltengesellschaft m.b.H. und einer Studie von Leithner/Homolka (2011) aktualisiert. Um diese DRW auch mittels einer österreichweiten Datenerhebung möglichst aktuell zu halten, wurde die GÖG vom Bundesministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz (BMASGK) beauftragt, die derzeit geltenden DRW für Erwachsene im Bereich CT zu evaluieren und gegebenenfalls Empfehlungen für neue DRW zu erarbeiten. Dosiswerte für CT wurden mit einer Onlinebefragung erhoben, an der teilzunehmen alle österreichischen Krankenanstalten und Einrichtungen im niedergelassenen Bereich mit CT-Geräten eingeladen wurden. Unter Führung der GÖG und des BMASK (MR Ditto) sichtete und bewertete eine Arbeitsgruppe – in welcher auch der VMSÖ vertreten war - die daraus gewonnenen Ergebnisse.
Die somit neu festgelegten DRW sind in einer Publikation der GÖG ersichtlich, welche u.a. auf der VMSÖ-Webseite abrufbar ist.

VMSÖ-Jahrestagung 2019

Diese findet heuer in Wien, ganztägig am Samstag, den 19. Oktober statt. Das Vorprogramm (größere Änderungen sind allerdings nicht mehr zu erwarten) und die Anmeldung sind online. Die Jahrestagung findet am Samstag, den 19. Oktober im Billrothhaus der Gesellschaft der Ärzte (1090 Wien, Frankgasse 8) statt. Die Tagung wird als Fortbildung für Strahlenschutzbeauftragte und Ermächtigte Ärzte im Umfang von 8 Stunden, sowie auch für das Diplomfortbildungsprogramm der Österreichischen Ärztekammer (Fach Radiologie) eingereicht.
Nutzen Sie die Frühbuchungskonditionen bis inklusive 30. August!

VMSÖ-Vollversammlung 2019

Sie findet voraussichtlich am Vorabend der Jahrestagung, am 18.10.2019 in Wien statt (genauer Ort wird noch bekanntgegeben). Die Einladung mit der Tagesordnung und dem Protokoll der Vollversammlung 2018 ergeht in den nächsten Wochen postalisch an die Mitglieder. Das Protokoll der VMSÖ-Vollversammlung 2018 ist auch im Mitgliederbereich der VMSÖ-Internetseite abrufbar.

Strahlenschutz-Fachkundekurs des VMSÖ

Der erste Strahlenschutz-Fachkundekurs wird voraussichtlich am Freitag, den 18. Oktober in Wien angeboten. Er findet entweder im AKH oder im Donauspital Wien statt. Anmeldung folgt in Kürze.
Dieser Kurs richtet sich an jene „Anwendenden Fachkräfte“ gemäß §9(1) der Medizinischen Strahlenschutzverordnung, welche ihre Tätigkeit nach dem Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Verordnung (d.i. nach dem 6. Februar 2018) aufnehmen, jedoch nicht über eine anerkannte Ausbildung in den betreffenden Anwendungen und über anwendungsspezifische Kenntnisse im Strahlenschutz verfügen. Das sind in erster Linie ÄrztInnen, welche keine FachärztInnen für Radiologie, Nuklearmedizin oder Radioonkologie sind, jedoch im Zuge ihrer ärztlichen Tätigkeit ionisierende Strahlen wie intraoperative Durchleuchtungen oder durchleuchtungs- bzw. computertomographisch gezielte Eingriffe durchführen. Auch z.B. praktische ÄrztInnen, welche Röntgenaufnahmen (insbesondere für traumatologische Fragestellungen) durchführen, fallen darunter.
Dieser Fachkundekurs eignet sich aber auch als intensive, stark praktisch ausgerichtete, über das gesetzlich vorgeschriebene Maß hinausgehende Fortbildung für alle jene „Anwendenden Fachkräfte“, welche bereits im berechtigten Rahmen im Strahlenbereich tätig sind, aber seit Inkrafttreten der Medizinischen Strahlenschutzverordnung verpflichtet sind, Fortbildungsveranstaltungen zu den in der vorgeschriebenen Fachkunde enthaltenen Themen bzw. Fortbildungsveranstaltungen für Strahlenschutzbeauftragte des betreffenden Bereiches (gemäß § 41 Abs. 4 der Allgemeinen Strahlenschutzverordnung) jeweils im Ausmaß von mindestens vier Stunden in Intervallen von fünf Jahren zu absolvieren.

Weitere  für den medizinischen Strahlenschutz relevante Veranstaltungen von und mit dem VMSÖ

-  Jahrestagung 2019 des Fachverbands für Strahlenschutz e.V. (FS):
9. - 12. September 2019, Würzburg (D). Veranstaltet vom Arbeitskreis Medizin des FS (in welchen der VMSÖ kooptiert ist) in Zusammenarbeit mit dem Arbeitskreis Strahlenbiologie und weiteren Arbeitskreisen des FS. https://www.fs-ev.org/jahrestagung-2019.

- Auffrischungskurs für Strahlenschutzbeauftragte und Ermächtigte Ärzte:
24. Oktober 2019, von 09:00 – 17:00 Uhr in Wien:
https://www.strahlenschutz.org/web/index.php/strahlenschutzkurse/35-strakurs

- Kurs zum MR-Sicherheitsbeauftragten:
24.10.2019 sowie weiterer Termin 16.04.2020.
Anmeldung: Bettina Pugl, e-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!; Telefon: +43 1 4051383 -37

- MR-Sicherheit-Refresher
19.06.202 . Anmeldung: Bettina Pugl, e-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!; Telefon: +43 1 4051383 -37

Weitere Fachinformationen aus der Strahlenschutzwelt

1. Neufassung der Safety Standards der IAEA
2018 hat die IAEA ihre „Basic Safety Standards“ aus dem Jahr 2002 sowie weitere nachfolgende Einzelpublikationen für die diagnostische und interventionelle Radiologie, die Nuklearmedizin sowie die Strahlentherapie aktualisiert und in einem neuen Dokument „Radiation Protection and Safety in Medical Uses of Ionizing Radiation“ zusammengefasst. Die Empfehlungen und wissenschaftlichen Ergebnisse der ICRP sowie des UNSCEAR sind in dieses Dokument eingeflossen.
Dieser „safety guide“ richtet sich an alle an der medizinischen Anwendung ionisierender Strahlung beteiligten Parteien, von Regierungen bis zu den einzelnen AnwenderInnen. Das meiste davon ist mittlerweile in der europäischen und damit auch österreichischen Strahlenschutzgesetzgebung umgesetzt und auch in der täglichen Praxis angekommen; dennoch lohnt die Sichtung dieses Dokumentes, u.a. im Sinne der Selbstkontrolle. Beispielsweise sind außergewöhnliche Vorkommnisse bzw. akzidentelle Expositionen ein Bereich, der zunehmend, auch von den gesetzlichen Anforderungen ins Zentrum der Aufmerksamkeit rückt und im Appendix 1 behandelt wird, welcher typische Ursachen und beitragende Faktoren dafür auflistet.

2. EuroSafe Imaging Stars
A propos Selbstkontrolle: Schon seit Längerem bietet die European Society of Radiology radiologischen Institutionen die Möglichkeit, sich im Rahmen des EuroSafe Imaging-Programmes als „Eurosafe Imaging Star“ auszuzeichnen. Es ist ein Selbstevaluationsbogen einzureichen, bei welchem auf sechs Gebieten (Optimisation, Justification, Quality & Safety, Education, Research sowie Regulatory compliance) insgesamt 21 Kriterien abgefragt werden. Je nach Zahl der erfüllten Kriterien können ein bis fünf Sterne vergeben werden. Die weitaus überwiegende Zahl an einreichenden Institutionen wurde mit fünf Sternen ausgezeichnet (darunter die Universitätsklinik für Radiologie in Innsbruck als bisher einziges österreichisches Institut), während deutlich weniger Institutionen sich mit dem Ansuchen für einen oder gar nur drei Sternen begnügt haben. Es wäre erfreulich, würden sich weitere Institute in Österreich dem Beispiel der Universitätsklinik Innsbruck anschließen.

3. Schädel-CT bei Kindern: Nicht nur Dosis, sondern auch Bildqualität zählt:
Eine aktuell im „Journal of Medical Imaging and Radiation Oncology” erschienene Studie von Ling et al. an australischen Kindern mit dem Titel „Retrospective review of CT brain image quality, diagnostic adequacy and radiation dose in a paediatric population imaged at a non-paediatric tertiary hospital“ (https://doi.org/10.1111/1754-9485.12894) analysierte das Dosis-Längen-Produkt (DLP) bei kindlichen Computertomographien des Schädels.
Die retrospektive Arbeit anhand von 115 aufeinander folgenden pädiatrischen CTs des Schädels wurde über einen Zeitraum von 2 Jahren in einem Erwachsenen-Tertiär-Überweisungszentrum in Australien durchgeführt. Das Dosis-Längen-Produkt der Untersuchungen wurde unter Miteinbeziehung objektiver Bildqualitätsparameter mit den nationalen (Australian Radiation Protection and Nuclear Safety Agency = ARPANSA) australischen Dosis-Referenzwerten abgeglichen. Zwei Neuroradiologen bewerteten die subjektive Bildqualität unabhängig voneinander, im Falle von Abweichungen auch im Konsensus.
Laut den Ergebnissen entsprachen alle Patientenscans den DLP-Empfehlungen der ARPANSA. 10 der 115 Scans wurden jedoch mit suboptimaler bzw. nicht-diagnostischer Bildqualität eingestuft. Diese Scans zeigten signifikant niedrigere mittlere DLP-Werte im Vergleich zu diagnostisch adäquaten Untersuchungen (105,1 vs. 379,2 mGy.cm; P <0,0001). Schädel-CTs mit als ausreichend eingestufter Bildqualität wiesen im Vergleich zu suboptimalen Scans ein signifikant höheres Kontrast-Rausch-Verhältnis und Signal-Rausch-Verhältnis auf.
Die Autoren schließen aus ihren Ergebnissen, dass sowohl eine zu hohe aber auch eine zu niedrige Strahlendosis beim kindlichen (Schädel-)CT problematisch sein kann. Letztere nämlich dann, wenn die diagnostische Aussagekraft der durchgeführten Untersuchungen aufgrund übermäßigen Bildrauschens nicht mehr gegeben ist. Die Studie führt einmal mehr vor Augen, wie wichtig die Etablierung geeigneter pädiatrischer CT-Protokolle sowie eine strikte Indikationsstellung sind.

4. Neue Dosisreferenzwerte für neuropädiatrische CT-Untersuchungen aus der Schweiz:
Der diesbezügliche im Journal of Radiological Protection publizierte Artikel (Wagner F, et al., J. Radiol. Prot. 38 (2018) 1013–103) ist frei zugänglich unter https://doi.org/10.1088/1361-6498/aac69c .
Die betreffenden Dosiswerte (für CT des Schädels, des Gesichtsschädels und der Schläfenbeinregion, jeweils ohne sowie auch mit zusätzlicher Kontrastmittelverabreichung) sind zum Teil deutlich niedriger als jene bisheriger Publikationen.

 

Am Ende dieses Newsletters wünschen wir Ihnen noch einen schönen, erholsamen Sommer und würden uns freuen, Sie bei einer der kommenden Veranstaltungen begrüßen zu dürfen.

Herzlichst, Ihr/Ihre
OA Dr. Gerald Pärtan (Präsident des VMSÖ)
OÄ Dr. Elke Dimou (Chefredakteurin)